Sich beruflich zu verändern ist häufig leichter gesagt als getan. Auch wenn wir mit unserer Jobsituation unzufrieden sind, unternehmen wir nur selten etwas gegen unseren Job-Frust. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und Veränderungen machen uns mehr Angst als Lust.
Werden wir dann doch zu einer beruflichen Neuorientierung gezwungen, sei es durch äußere Umstände, wie z.B. einer plötzlichen Kündigung oder weil der Leidensdruck zu groß ist, heißt das aber nicht, dass wir unser Ziel schon erreicht haben. In der veränderten Situation überwiegt erst einmal die Unsicherheit. Ein Ziel, das wir uns im Vorfeld vielleicht genau überlegt haben, erscheint plötzlich nicht mehr ganz so deutlich; unsere Gedanken, die vorher so klar waren, kreisen chaotisch durcheinander und wir fühlen uns, als ob unser Leben uns entgleitet. Das kann frustrierend sein und dazu führen, dass wir uns den alten Zustand wieder herbeiwünschen.
Dabei sind Irritationen, Blockaden, Verunsicherung oder Unklarheit notwendige Begleiterscheinungen von Veränderungsprozessen. Hansueli Eugster hat für die vier Phasen, die Menschen in Veränderungsprozessen durchlaufen, das 4-Zimmer-Modell entwickelt. Dieses Konzept aus dem Change Management kann Orientierung geben und dabei helfen, unsere Situation besser zu verstehen.
1. Zimmer der Zufriedenheit. In diesem Zimmer, man könnte es auch Zimmer der Routine nennen, fühlen wir uns geborgen. Hier kennen wir die Abläufe und sind Herr unserer Lage. Auch wenn wir nicht immer hundertprozentig zufrieden sind, fühlen wir uns dort sicher und möchten den Status quo erhalten.
2. Müssen wir uns schließlich verändern, landen wir im zweiten Zimmer, dem Zimmer der Verleugnung. Hier zeigt sich, dass Menschen einen Tapetenwechsel eigentlich gar nicht so gerne haben. Wir sträuben uns vor der neuen Situation, spüren Unbehagen und Frustration, in manchen Momenten auch Angst. Wir wünschen uns das Alte zurück; vielleicht bereuen wir, falls wir die Veränderung selbst eingeleitet haben. Es lief doch alles einwandfrei; alles Negative an der alten Situation ist vergessen. In diesem Zustand fühlen wir uns beispielsweise müde, antriebslos und wir wollen uns mit dem Neuen eigentlich gar nicht auseinandersetzen
3. Schließlich gelangen wir an den Punkt, an dem wir uns eingestehen können, dass wir in einer Sackgasse stecken und keine Ahnung haben, was wir als nächstes tun sollen. Dann sind wir im Zimmer der Verwirrung gelandet. Unsere Situation erscheint verfahren und chaotisch, wir fühlen uns verwirrt, hilflos oder ohnmächtig. Ab da befinden uns in einem Zwischenstadium: das Gewohnte und die ehemals geltenden Regeln sind ungültig, aber wir können das Neue noch nicht erkennen. Genau dieser Tiefpunkt kann eine Chance sein, da die Verwirrung helfen kann, fernab von alten Gewohnheiten und Denkweisen, neue Lösungen zu sehen.
4. Haben wir diesen Prozess durchlaufen sind wir im Zimmer der Erneuerung. Hier probieren uns in der neuen Situation aus und setzen Neues in die Tat um. Wir sehen neue Wege und bekommen ein Gefühl der Sicherheit und Handlungsfähigkeit zurück.
Wird das Neue wieder zur Gewohnheit, befinden wir uns erneut im Zimmer der Zufriedenheit.
Jede Phase in diesem Prozess hat ihre Legitimation. Wenn wir uns neu orientieren müssen oder wollen, dürfen wir uns die Zeit nehmen, verwirrt zu sein und erstmal nicht zu wissen, wo es als Nächstes hingehen soll. Wir können in uns reinhören, auf das, was wir wirklich wollen. Wir dürfen phantasieren, träumen, planen. Es ist sogar wichtig, dass wir uns diese Zeit nehmen. Denn tun wir das nicht, ist es gut möglich, dass wir die Erneuerung auf der Grundlage alter, nicht mehr dienlicher Denkmuster aufbauen und somit nicht wirklich nachhaltig unsere Situation zum Positiven verändern.